Datenschutzwissen

Die Polizei wird mit Bodycams ausgestattet – ist das mit dem Datenschutz überhaupt vereinbar?

Ein Anblick, an den man sich erst gewöhnen muss: Zukünftig werden immer mehr Polizisten mit einer Kamera auf der Schulter durch die Straßen patrouillieren. Was auf den ersten Blick wie eine gute Sache aussieht, bringt Datenschützer bereits seit Jahren auf den Plan. Sind Bodycams überhaupt mit dem Datenschutzrecht vereinbar?

Die bayerische Polizei hat jüngst 1.400 Bodycams bestellt und seit Ende Februar steht, nach einer Einigung im Innenministerium, dem Einsatz der Körperkameras auch für Bundespolizisten nichts mehr im Wege. Diese Technisierung soll Polizeimaßnahmen im Nachhinein kontrollierbarer machen und für eine effektivere Gefahrenabwehr sorgen.

Bodycams: Die Polizei rüstet auf

Bodycams bewegen sich im Spannungsfeld zwischen Persönlichkeitsrechten und der staatlichen Gefahrenabwehr. Bodycams beschreibt der Gesetzgeber als „körpernahe Aufnahmegeräte“. Gemeint sind die Kameras, die Polizisten auf einer Schulter tragen und die auf Knopfdruck in Video und Ton aufnehmen. In vielen erfolgreichen Politprojekten der Bundesländer wurde der Einsatz von Bodycams bei Routinekontrollen und Einsätzen getestet. Nach und nach rüsten nun die Polizeistellen in ganz Deutschland mit Bodycams auf. Für Datenschützer ist das eine bedenkliche Entwicklung, denn es zeigt sich mehr und mehr, dass noch viele offene Fragen bestehen. Nicht immer gibt es tatsächlich eine Rechtsgrundlage für die Aufnahmen und eine technische Infrastruktur zur Auswertung und Speicherung der Daten.

Die rechtliche Grundlage ist noch lückenhaft geregelt

Neben der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die Ende Mai 2018 in Kraft getreten ist, trat etwas früher auch die Richtlinie 2016/780 (JIRL) in Kraft. Dieser Teil des europäischen Datenschutzpakets regelt die Datenverarbeitung der Polizei zu präventiven und repressiven Zwecken. Da die Polizei in Ländereigenverantwortung organisiert wird, sind die Bundesländer verpflichtet, die Datenschutzrichtlinien umzusetzen. Bis heute ist das nur etwa der Hälfte aller Bundesländer überhaupt gelungen.

Im Zuge der Neuregelungen wurden auch Rechtsgrundlagen zum Einsatz der Bodycams in die Ländergesetze eingeführt und erweitert. Aber selbst die fehlende Rechtsgrundlage hielt einige Bundesländer nicht davon ab, Bodycams bereits zu bestellen, ohne vorher ein passendes Polizeigesetz zu erlassen – so geschehen in Niedersachsen. Aber auch ohne spezielle „Bodycam“-Erlaubnis sehen sich einige Bundesländer mit dem Einsatz von Bodycams durch Generalklauseln gedeckt. Die Bewertung im Einzelfall durch Datenschutzbehörden fällt oftmals zurückhaltend aus.

Wann und wie Bodycams zum Einsatz kommen dürfen

Videoaufnahmen sind in den Polizeigesetzen der Bundesländer bei öffentlichen Veranstaltungen und an gefährdeten Orten (Orte mit hohem Personenverkehr oder mit auffällig hoher Kriminalitätsrate) erlaubt. Die Video- und Tonaufnahme bedarf in diesen Fällen deshalb nicht der Einwilligung des Aufgenommenen. Das stellt eine Ausnahme zum Prinzip des Einwilligungsvorbehalts der Datenerhebung dar.

In welchem Kontext der Polizeibeamte die Bodycam einschalten darf, variiert von Land zu Land. Manche Länder erlauben eine durchgehende Aufnahme und manche nur für den Fall, dass Gefahr für Leib und Leben besteht. Je nachdem, welche Aufnahmemodalität besteht, werden die Aufnahmen nach kurzer Zeit gelöscht oder zur Dokumentation und Strafverfolgung gespeichert. In manchen Bundesländern werden die Daten erst nach einer Übertragung auf den Polizeiserver gesichtet und gegebenenfalls gelöscht.

Potenzielles Sicherheitsrisiko: Speicherort der Daten

Mit dem technischen Fortschritt der Bodycams hält die Infrastruktur der Verwaltung nicht unbedingt mit. Die gespeicherten Daten müssen auch datenschutzgerecht gespeichert und übertragen werden. Eine Implementierung der Bodycam-Daten in die Polizeiserver ist noch nicht in allen Bundesländern sichergestellt. Bei der Bundespolizei trat dieses Manko deutlich zutage, als publik wurde, dass die Videodateien von Polizeieinsätzen auf Amazon-Servern gespeichert werden, da keine andere Möglichkeit zur Speicherung möglich sei. Damit wird die Kontrolle über die staatlich gewonnenen Informationen auf private Unternehmen übertragen – ein Zustand, der mit den hohen Anforderungen an den Datenschutz kaum in Einklang zu bringen ist.

Fazit

Der Einsatz von Bodycams steht überwiegend auf einer tauglichen Rechtsgrundlage, bedarf aber gerade in der Umsetzung noch einer einheitlichen technischen Infrastruktur. Nur dann kann der Staat den intensiven Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung durch Videoaufnahmen ohne Einwilligung rechtfertigen.

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