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Australien macht für Journalismus mobil: Internetriesen sollen Verantwortung übernehmen (Kopie)

Es mutet beinahe schon an wie eine medienphilosophische Debatte. Australien will zur Rettung der freien Presse die Internetgiganten Google und Facebook dazu zwingen, für Premium-Inhalte, die User auf den großen Plattformen gratis konsumieren, fair zu bezahlen. Damit arbeiten die australischen Wettbewerbshüter an einer Blaupause für zahllose andere Staaten und Länder.

Das Nachrichten-Geschäft hat sich mit den Siegeszügen der Internet-Giganten Google, Facebook und Co. gewaltig verändert. Waren es früher die traditionellen Medienhäuser sowie der öffentlich-rechtliche Rundfunk, die eine Nachrichtenhoheit innehatten, sind es heute die riesigen Plattformen, die Kasse mit guten wie auch schlechten Nachrichten machen.

Das Prinzip ist denkbar einfach: Google und Facebook feeden die News der traditionellen Medienhäuser, bündeln sie auf ihren Seiten und verkaufen sehr erfolgreich Werbung mit diesen quasi geliehenen Inhalten. Das ist absolut legal, weil dabei stets die Quelle genannt wird, die für die jeweilige Nachricht verantwortlich ist. Außerdem werden die „Feeder“, also die Partner der Plattformen, die ihre Inhalte zur Verfügung stellen, am Milliardengeschäft durch die Anzeigen beteiligt – auf den ersten Blick ein fairer Deal.

Die Verantwortung für den Medienmix liegt inzwischen beim User

Würden die Plattformen für die Premium-Inhalte gemäß einer Preisliste bezahlen, wie sie von der australischen Regierung bis zum Juli 2021 vorbereitet wird, würde sich damit das Grundkonzept der Internetriesen gewaltig ändern. Selbst wenn die Artikel aus namhaften Quellen stammen, sitzen derzeit im Prinzip die User im Sessel des verantwortlichen Nachrichtenredakteurs. Denn die Wichtigkeit und damit die prominente Platzierung von Inhalten resultiert nicht etwa aus der Grundausrichtung einer Redaktion. Allein die Klickzahlen sind maßgebend dafür, welche Nachricht gut platziert wird und welche in den Tiefen des Scroll-Bereichs verschwinden.

Durch die berühmten Algorithmen bekommt jeder User genau die Inhalte eingespielt, die basierend auf seinem Klickverhalten als interessant für ihn eingestuft werden. Somit ist jeder User sein eigener Chefredakteur, eine Übernahme von Verantwortung durch die Plattformen findet nicht statt. Das ist ein gewaltiger Bruch mit Medien-Traditionen, wie sie in Demokratien Usus sind. Denn im traditionellen Mediengeschäft übernehmen Redaktionen diese Verantwortung und sind einerseits den Regularien der freien Presse, andererseits der politischen Ausrichtung des jeweiligen Medienunternehmens oder Verlagshauses verpflichtet.

MSN verzichtet inzwischen ganz auf die menschliche Einschätzung

Auf die Spitze getrieben hat die User-gesteuerte Nachrichten-Auswahl der Nachrichtendienst von Microsoft MSN. Hier sind menschliche Einflussnahmen auf den Themenmix des Nachrichtenportals gänzlich verbannt. Eine KI sorgt seit dem Sommer 2020 dafür, dass die Inhalte nach einem streng geheimen Algorithmus zusammengestellt werden – selbst leitende Microsoft-Mitarbeiter haben keinerlei Einfluss darauf, was täglich an Nachrichten über die Plattform geschickt wird. Aus journalistischer Sicht ein Horrorszenario. Wer vermag sich vorzustellen, wie sich die Medienlandschaft verändert, wenn weitere Groß-Publisher diesem Beispiel folgen und das, was Konsumenten an Nachrichten angeboten bekommen, ausschließlich basierend auf dem jeweiligen Klickverhalten komponiert wird.

Die Situation ist deswegen so vertrackt, weil die Plattformen ja tatsächlich auf einem eleganten Umweg für die Nachrichten zahlen. In den Medienhäusern, denen selbst die Anzeigen wegbrechen, wird natürlich versucht, die Feed-Inhalte so zusammenzustellen, dass die Einnahmen aus dem Klickgeschäft möglichst hoch sind. Mit einer „Grundversorgung“, die beispielsweise im Pflichtenheft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Maxime steht, hat das nicht mehr viel gemein.

Fazit

Es ist mit Spannung zu erwarten, wie und ob sich die australischen Wettbewerbshüter mit Ihrem Vorstoß durchsetzen. Es klingt auf jeden Fall fair, das diejenigen, die guten Content produzieren und für Feeds zur Verfügung stellen, nach einem transparenten Preissystem dafür bezahlt werden. Dann wäre es langfristig wieder der wirklich gute Themenmix, der User für ein Portal begeistert – nicht das persönliche Klickverhalten.

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