Datenschutz im Betrieb

Mitarbeiterkontrolle durch Amazon – Verwaltungsgericht gibt grünes Licht

Die weltumspannenden Online-Konzerne geraten zumindest in Europa immer wieder ins Visier von Datenschützern und werden für Verstöße regelmäßig zu horrenden Bußgeldzahlungen verurteilt. Es geht aber auch anders: Das kürzlich ergangene Urteil eines deutschen Gerichtes bestätigt nun Amazon. Der Logistikgigant stand wegen der technischen Überwachung von Mitarbeitern vor Gericht.

Handscanner bei der Paketabwicklung

In seinem Logistikzentrum in Winsen setzt Amazon Handscanner für die Mitarbeiterkontrolle ein. So kann ermittelt werden, welche Zahl an Paketen von den Angestellten in welcher Zeit abgearbeitet werden – eine permanente Datenerfassung. Nach Bekanntwerden dieser Praxis untersagte die niedersächsische Landesbeauftragte für Datenschutz, Barbara Thiel, Amazon den Scannereinsatz aus Datenschutzgründen. Auch der Leistungsdruck, der durch die Überwachung entstehe, war ein Grund für das ausgesprochene Verbot. Amazon erhob Klage.

Erfassung von individuellen Leistungswerten

Am Standort Winsen beschäftigt Amazon knapp 2000 Mitarbeiter, die auf 64000 m2 Lagerfläche in drei Schichten Pakte abfertigen. Das Verwaltungsgericht Hannover setzte einen Ortstermin an. Die Juristen erlebten auf ihrem Werksrundgang hautnah, wie in einem Amazon-Logistikzentrum gearbeitet wird. Die Datenschutzbeauftragte hatte vom Druck einer Totalüberwachung gesprochen. Zugleich warf sie Amazon Intransparenz vor. Nicht allen Mitarbeitern sei bewusst, dass sie kontrolliert würden. Ein Vertreter des Betriebsrats erklärte indes, über die Kontrollinstanz die eigene Arbeit besser steuern zu können. Der Konzern erklärte, nur durch die minutengenaue Überwachung individueller Leistungswerte auf Schwankungen in den Logistikprozessen reagieren zu können. So hätten Vorgesetzte immer im Blick, wie viele Pakete gerade bearbeitet werden.

Gericht erklärt Mitarbeiterkontrolle für zulässig

Nach nur einem Verhandlungstag erkannte das Verwaltungsgericht diese Art der Prozesssteuerung als erforderlich. Das Scannerverfahren diene der Steuerung von Abläufen im Logistikbetrieb, nicht der Überwachung von persönlichen Eigenschaften der Mitarbeiter (VG Hannover, 09.02.2023, Az.: 10 A 6199/20). Die Richterin fügte allerdings hinzu, dass sie vor einer schwierigen Aufgabe des Abwägens stand.

Forderung nach besserem Beschäftigen-Datenschutz

Die Landesdatenschutzbeauftragte gab zuletzt bekannt, sich den Weg der Berufung offenzuhalten. Der starke Leistungsdruck, dem die Amazon-Mitarbeiter ausgesetzt seien, wiege mehr als das wirtschaftliche Interesse des Konzerns. Auch die Gewerkschaft ver.di folgt dieser Kritik. Sowohl die Gewerkschaftler als auch die niedersächsische Landesregierung wollen sich für Regelungen für den Datenschutz von Beschäftigten auf Bundesebene starkmachen. Nur so können die Persönlichkeitsrechte von Mitarbeitern besser geschützt werden. Arbeitgeber wiederum hätten Rechtsklarheit. Auch die Richterin in Hannover hatte ihrem Urteil angefügt: „Wir hätten uns gewünscht, dass der Gesetzgeber tätig geworden wäre oder noch wird.“

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