Datenschutzwissen

100 Tage DSGVO – wie ist die neue Datenschutzgrundverordnung angenommen worden?

Die neue Datenschutzgrundverordnung ist nun seit mehr als 100 Tagen in Kraft. Die vorläufige Bilanz zählt schon jetzt eine Vervierfachung der Datenschutzbeschwerden durch Bürgerinnen und Bürger. Die Beratungstelefone laufen seit Mai heiß – ist das die Spitze des Eisbergs oder „nur“ ein Startphänomen? Und was macht Europa?

Seit dem 25. Mai 2018 gelten in der ganzen Europäischen Union schärfere, verbraucher- und bürgerfreundlichere Datenschutzregeln, die das Recht der Einzelnen auf Privatsphäre besser schützen, Verbraucherrechte europaweit harmonisieren und dem aktuellen Stellenwert der Digitalisierung des Alltags besser Rechnung tragen sollen. Für Unternehmen, Händler, Banken und Versicherungen, Online-Anbieter, aber auch für Vereine, Ärzte, Apotheker, Steuerberater und Kleinunternehmer haben die neuen Regeln zum Teil zu gravierenden Anpassungen ihres Auftretens, ihrer Kundenkommunikation und ihres gesamten Geschäftsgebarens geführt. Die Verunsicherung war entsprechend groß – und ist es zum Teil noch heute.

Was darf ich? Was muss ich? Und was geht überhaupt nicht?

Schon Wochen bevor die neuen Regeln Ende Mai in Kraft traten, wurde die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit mit Anfragen bombardiert, bis eine Beratungs-Hotline eingerichtet werden musste, um den riesigen Informationsbedarf fachgerecht beantworten und Auskünfte auch zu speziellen rechtlichen, technischen und individuellen Themen geben zu können. Auf der Webseite der Behörde sind bis heute zahlreiche Informationsmaterialien für Hilfesuchende hinterlegt, die ein möglichst breites Fragenspektrum abdecken. Und das scheint auch nach wie vor dringend nötig. Denn die Verbraucherinnen und Verbraucher nehmen ihre neuen Rechte und Möglichkeiten durchaus ernst und nehmen die Anbieter in die Pflicht.

Anzahl der Datenschutzbeschwerden vervierfacht sich!

Das unterstreicht ein Blick auf die Zahlen: In den Wochen von Mai bis Juli 2018 erreichten die Behörde 1.380 Datenschutzbeschwerden. 2017 waren es im selben Zeitraum gerade mal 344 – ein Anstieg um satte 400 %. Dabei sind Hinweise auf zum Teil gravierende Datenschutzverstöße, die von Journalisten, Unternehmen und Datenschutzbeauftragten aus einzelnen Unternehmen gemeldet wurden, nicht einmal mitgezählt.

Ein Großteil dieser gemeldeten Verstöße betraf Online-Aktivitäten, bei denen Lösch- und Auskunftsansprüchen von Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht korrekt nachgekommen wurde. Die Anzahl der gemeldeten Datenpannen hat sich im selben Zeitraum gegenüber dem Vorjahr von 12 auf 111 fast verzehnfacht. Der Meldepflicht bei Ernennung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten – ebenfalls seit Mai gemäß DSGVO Pflicht für bestimmte Unternehmen – sind in den ersten 100 Tagen seit Inkrafttreten bislang mehr als 7.000 Unternehmen nachgekommen.

Europa rückt zusammen – für Schummler wird es eng

Es tut sich also wirklich etwas in der digitalen Welt. Die Botschaft aus Brüssel ist angekommen und die Maßnahmen zeigen Wirkung. Bis sie allerdings ihr Ziel erreicht haben werden, europaweit ein einheitliches Datenschutzniveau zu schaffen, wird wohl noch einiges Wasser durch Europa fließen. Immerhin – ein erstes grenzüberschreitendes Verfahren, das nach den neuen Verordnungen verpflichtend ist, wenn Beschwerden Unternehmen betreffen, die in mehreren EU-Ländern tätig sind, wurde von der Berliner Behörde bereits innerhalb der ersten 100 Tage eingeleitet. Sanktionen wurden allerdings bislang weder in Deutschland noch länderübergreifend verhängt.

Zunächst muss dafür natürlich jeglicher Sachverhalt gründlich geprüft und formal streng geregelte Sanktionsverfahren müssen in Gang gesetzt werden. Solche Mühlen mahlen langsam. Aber sie mahlen. Und wer bislang vielleicht gehofft hat, die eine oder andere Regelung gemütlich aussitzen zu können, sollte sich langsam in Bewegung setzen und sein Prozedere den neuen Regeln anpassen. Denn die Sensibilität und der Bedarf in Sachen Datenschutz und Datenschutzrechte ist bei Bürgern und Verbrauchen offensichtlich groß. Und das Risiko, das Unternehmen eingehen, wenn sie dem nicht entsprechen, ist es auch.

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