Datenschutzwissen

Weniger Bürokratie, mehr Rechtssicherheit: Bundesjustizminister fordert bundesweite Datenschutz-Vereinheitlichung

Als föderaler Staat herrscht in Deutschland Vielstimmigkeit in einigen juristischen, regulatorischen oder ordnungspolitischen Fragen. So auch beim Datenschutz. „Das ist kein befriedigender Zustand“, kritisiert in einem Beitrag für das Handelsblatt Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) diese deutsche Besonderheit. Er fordert einen bundesweit einheitlichen Datenschutz mit für alle Länder verbindlichen Standards. Was steckt hinter dem Vorstoß des Ministers?

Ein Beispiel für bürokratische Kakophonie

In Deutschland liegt die Aufsicht über den Datenschutz bei den Ländern. Der Bundesdatenschutzbeauftragte ist nur in wenige Themenbereiche direkt involviert. Weil die Landesbehörden unabhängig sind, können diese Datenschutzregeln auch eigenständig auslegen und umsetzen. Daraus hat sich in der Vergangenheit immer wieder eine unterschiedliche Handhabung von Regeln ergeben. Buschmann: „Statt eines europaweit einheitlichen Rechtsrahmens haben wir heute in Deutschland mitunter sechzehn verschiedene Datenschutzrechte.“ Dies würde einer unnötigen Bürokratie Vorschub leisten und für Rechtsunsicherheit sorgen.

Der Justizminister führt als Beispiel die „kuriose Situation“ um die cloudbasierte Software Microsoft 365 an, die millionenfach privat und in Unternehmen genutzt wird – wiewohl deutsche Datenschutz-Aufsichtsbehörden deren Datenschutzkonformität prüften und 2020 mit „hauchdünner Mehrheit“ verneinten. Nur wenige Wochen später jedoch distanzierten sich Landesdatenschutzbeauftragte aus vier Ländern wieder von dieser Entscheidung. Zwei Jahre darauf fand man dann zu einer gemeinsamen Position. Für zahlreiche Unternehmen vergingen damit zwei Jahre, in denen an Standorten in mehreren Bundesländern verschiedene datenschutzrechtliche Anforderungen für die Nutzung von MS 365 galten. Buschmann: „Es gibt zahlreiche ähnliche Beispiele.“

Buschmann strebt Änderung des Grundgesetzes an

Der Bundesjustizminister fordert deshalb mehr Berechenbarkeit: „Es ist eine einheitliche Auslegung für ganz Deutschland nötig. Nur so gelingt Bürokratieabbau durch besseren Gesetzesvollzug.“ Wie soll dies erreicht werden? Auch dazu werden Ausführungen gemacht. „Wir brauchen im föderalen Miteinander Abstimmungsmechanismen, die zu verbindlichen Ergebnissen für die Datenschutzbehörden in ganz Deutschland führen“, führt Buschmann aus. „Zwischen den Behörden der EU-Mitgliedstaaten gibt es einen solchen Mechanismus mit dem Europäischen Datenschutzausschuss schon heute.“ Die deutsche Datenschutzkonferenz als gemeinsames Gremium sei in diesem Sinne eine geeignete Plattform, die aber noch mit rechtlicher Verbindlichkeit für alle Datenschutzbehörden ausgestattet werden müsse. Buschmann ist bewusst, dass es dazu einer Änderung des Grundgesetzes bedarf. Schließlich würde im Grundgesetz die Verantwortungsverteilung zwischen Bund und Ländern auch beim Gesetzesvollzug etabliert. Der Minister ist sich der daraus resultierenden Problematik bewusst: „Unsere Verfassung verbietet es (…), dass ein Gremium, dem Bund und Länder angehören, rechtlich bindende Beschlüsse fasst. Wenn wir aber ein einheitliches Datenschutzrecht für ganz Deutschland erreichen wollen, dann müssen wir hier eine Ausnahme zulassen.“

Andernfalls drohe ein Zustand, so der Justizminister, in dem Datenschutz nur noch als bürokratische Belastung wahrgenommen wird – was sicher nicht im Interesse des vor nunmehr vierzig Jahren erwirkten Rechts auf informelle Selbstbestimmung wäre. Dagegen biete eine bundesweite Vereinheitlichung des Datenschutzes mehr Rechtssicherheit und damit auch mehr Akzeptanz der Datenschutzregeln.

Zurück

Hier bloggt die Redaktion Datenschutz & Datensicherheit des Verlags Mensch und Medien.

Datenschutz & Datensicherheit Das Fachinformationsportal

  • Aktuelles Fachwissen
  • Rechtssichere Entscheidungen
  • Praktische Arbeitshilfen
  • Übersichtliche Prozessdarstellungen
  • Sofort einsetzbare Schulungen

Jetzt 4 Wochen testen